Ja, ich war dabei, damals in Zürich, am Donnerstag, 30.05.1968 und bereue es bis heute nicht! Es war schlichtweg geil, neu und einzigartig in der ach so biederen Schweiz. Nicht jeder Song vermochte meinen hochgestellten Erwartungen - im Nachhinein gesehen - zu entsprechen, aber im Fieber des Anlasses hätte ich wohl selbst ungestimmte Gitarren als das Höchste aller Gefühle und nicht mehr zu toppende Ereignis meines Lebens beschworen.
Ich musste dieses Monsterkonzert besuchen, um erstmals mein grosses Vorbild Eric Burdon live zu erleben! Ebenso waren Cream ein Muss, die ja in den Vorankündigungen und auf den ersten Plakaten aufgeführt wurden, dann leider aber nicht dabei waren. Besonders neugierig war ich natürlich auch auf Jimi Hendrix, speziell darauf, ob er auf der Bühne all die unglaublichen Licks und Sounds, die mir auf „Are You Experienced?“ erstmals begegneten, live spielen kann. Und er konnte, es war unglaublich, es war noch viel besser, es war das ultimative Leben und die pure Lebensfreude, was er da von der Bühle aus versprühte; es war einmalig, unvergleichlich, aufpeitschender als jede Droge und war und ist das Beste, dass mir je unterkam, es war, auf einen Nenner gebracht, James Marshall genannt Jimi Hendrix! Von dem Moment an war ich völlig weg! Er und Eric waren für mich klar die Highlights und nur knapp dahinter Traffic. Die Move, auf die ich mich dank ihrer Hitparadenpräsenz mit doch ansprechenden Popsongs ebenso gefreut hatte, konnten nicht überzeugen. Einmal wegen der Platzierung zwischen Burdon mit seinen neuen Tieren und Jimi Hendrix, wo sie wie ein Fremdkörper wirkten und andererseits auch wegen der musikalischen Qualität, sowohl in Sachen Sound wie Präzision. Über John Mayall brauche ich mich nicht auszulassen, er war gut wie immer aber neben den anderen halt doch recht unspektakulär und ging etwas verloren. Auch Walti Anselmo’s Trend hat mich vermutlich beeindruckt, da sie als einzige Schweizer-Combo in diesem illusteren Feld Aufnahme fanden. Ich kann mich aber bei bestem Willen nicht mehr daran erinnern was sie und wie sie performten.
Nach einer Nacht ohne Schlaf bei Verwandten in Zürich, begab ich mich am nächsten Tag – Blick-Wettbewerb sei Dank – zum Hotel Stoller und durfte dort eine kleine Ewigkeit (ca. 30 Minuten) mit Eric sprechen, soweit ich vor lauter Aufregung überhaupt die Lippen auseinander brachte. Draussen bei den „Boulevard-Tischen“ lümmelten einige der Stars relaxt in den Stühlen herum. Artig stellte mir Eric alle vor obwohl ich sie ja von den Vinyl-Umschlägen und aus der Fachpresse schon kannte. So war es mir möglich, allen voran Jimi und Mitch Mitchell die Hand zu drücken, aber auch Vic Briggs, Danny McCulloch und George Bruno aka Zoot Money von den Animals sowie Carl Wayne von den Move. John Mayall stand abseits wie eine in Stein gemeisselte Statue und nahm keine Notiz von meiner Hand.
Eric interessierte sich, was ich (musikalisch) mache. Auf meine Antwort, dass ich im stillen Kämmerlein mit meiner Gitarre kämpfe, aber gezwungenermassen zuerst meine kaufmännische Lehre beenden muss, antwortete er mir ganz ernsthaft: „Baby, you gotta do only these things you like and you want to do! If you wanna become a musician, then put all your energy on this only goal and work harder than you think you can. And maybe, if there will be a good man to save and sell your work, then, maybe, you’ll earn the cash. Perhaps, your manager will keep all your money, take off and leave you back with a mountain of debts. Believe me, I know what I’m talkin’ ‘bout.” Diese Worte habe ich – fast – immer befolgt, bei all meinen Aktivitäten, aber beim Musikmachen hatte ich viel zu viel Angst. Zuhause stellte ich fest, dass ich vor lauter Nervosität vergessen hatte, die für die Autogramme mitgebrachten Single-Covers vorzulegen. Aber was ist schon eine Unterschrift auf Papier, wenn ein persönlicher Abdruck direkt in mein Herz gebrannt wurde.
Was Jimi bei mir auslöste war ein erstmaliges Räumen meines Jugendsparheftes. Ich ging in der Woche drauf nach Bern, zuerst zu Musik Bestgen und dann zu Gotthard Müller, um mir eine Fender Stratocaster in Weiss zu kaufen. Eine solche war aber weder bei Bestgen noch bei Müller zu kaufen, nicht mal aber Generalimporteur. So erstand ich mir dann halt ein Sunburst-Modell Jahrgang 1967, welches mir bis heute immer treu zur Seite stand und steht und liebevoll jault, summt, weint, seufzt oder was auch immer, wenn ich sie zärtlich in die Arme nehme. Sie wurde meiner bescheidenen Spielkultur wegen nie berühmt, hat aber heute auch ihren stolzen Wert, wie mir Matz, mein Gitarrendoktor erst wieder bestätigt hat.
RIP Jimi.
Wie Du siehst, viele Worte, die gleichwohl das damals erlebte nicht wiedergeben können. Die blosse Anwesenheit am Konzert und am nächsten Tag im Hotel Stoller liessen mich mehr abheben als Drogen und Alkahöler zusammen. Heute beschreibe ich meinen damaligen Zustand mit 42,9° Fieber!
Roland im April 2011
Foto: "Land" 1969
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