Ich war dabei: Andreas Ritter

Nach den fliegenden Klappstühlen ein Jahr zuvor bei den Rolling Stones suchte ich mir beim Monsterkonzert 1968 einen Platz auf der Sitzrampe aus. Ich war am zweiten Abend dort, das Stadion war voll. Unglaublich, dass bei dieser Besetzung am ersten Abend nur die Hälfte der Plätze verkauft wurde!

Der Sound war schon etwas besser als bei den Rolling Stones, auch das Publikum zeigte sich verbessert. Es verkreischte nicht mehr ganze Stücke. Bis heute weiss ich nicht, ob Brian Jones wirklich Flöte spielen konnte. Von seinem Solo in „Ruby Tuesday“ hörte man absolut nichts.

Da waren sie nun alle zum Greifen nah: Stevie Winwood von Traffic, John Mayall, Roy Wood von den Move mit dem unvergesslichen „Fire Brigade“. Danach folgte ein Höhepunkt mit Eric Burdon und der verrückt flimmernden Lightshow, einem Wirbel von Bildern und Farben. Die waren der Zeit voraus, wir noch hintendrein, was unser Staunen umso grösser machte. Und die Anklage des Krieges in „Sky Pilot“ sprach mir aus dem Herzen. Schliesslich erschienen der coole Jimi Hendrix und der unglaubliche Wuschelkopf von Noel Redding auf der Bühne. Auch sie der Zeit voraus, ich konnte mir damals nicht vorstellen, wie man der Gitarre solche Töne entlockt. Natürlich gefiel er unseren Eltern nicht, doch da konnte niemand mehr sagen, er beherrsche sein Instrument nicht.

Die Erinnerung an das Monsterereignis ist geblieben. Die Songs liessen sich nicht mehr aus den Köpfen verbannen und damit ein neues Lebensgefühl der Freiheit, auch wenn es zum Teil Illusion war. Aber da waren auch Träume, die verwirklicht wurden: Der Angstrespekt gegenüber Autoritätspersonen führte, angestachelt durch überreagierende Polizisten, zur Rebellion, was schliesslich mehr Mitsprache brachte, die Frauen konnten sich einiges erkämpfen, die Kinder werden heute aufgeklärt, und auch die Polizei hat dazugelernt. Die Musik dieser Bands hat einiges zu einem Wandel beigetragen, ganz abgesehen davon, dass sie einfach gut ist und Freude macht. Das Gefühl der Freiheit wurde durch die Jahrzehnte zwar durchgeschüttelt und auf die Probe gestellt, doch in der Musik ist alles noch da. Es liegt sogar noch mehr drin.

Andy im Januar 2012

Foto: Andy 1968

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