Ich war dabei: Salvo Ingrassia

1968 wohnte ich in einem kleinen Kaff zuhinterst im Glarnerland. Eben grad die Konfirmation hinter uns gebracht, US-Army Jacken und Jeans tragend, entschieden sich mein Schulkollege und ich, ans „Monsterkonzert“ nach Zürich zu pilgern. Unsere Schlafzimmer waren voll tapeziert mit Riesenposter (war damals der „Renner“, die wir als Beilage dem pop-Heftli, oder Bravo entnahmen). Jimi Hendrix, Cream, John Mayall. Darum nix wie los, raus aus dem Kaff „let‘s go to Zürich“ (unser San Francisco).

Gross waren sie angekündigt unsere Lieblinge... ihre Namen in „Hippie Schrift“ gross im pop. Also nix wie los... doch so einfach wie heute war das nicht, ein Konzert besuchen. Tickets per Internet bestellen? Gab es nicht. Vorbestellung, Sitzplatzreservation? Nicht möglich. Abendkasse, das hiess hoffen und Schlange stehen. Schon die Reise Glarus-Zürich war ein Abenteuer! Per Autostopp von Schwanden nach Ziegelbrücke. Dann mit dem Zug nach Oerlikon ins Hallenstadion. Wir kannten das heilige Gebäude schon vom Stones Konzert her und freuten uns wie kleine Kinder endlich in den Holzklappstühlen zu sitzen. Vorne links ziemlich schräg hoch oben, mit Blick (seitwärts) zur Bühne.

Endlich gings los... Vorprogramm, „Schweizergemüse“(obwohl Super Musiker... Anselmo, Koobas) hatten sie einen schweren Stand gegen die „Monster Stars“... endlich John Mayall... leider ohne Clapton... war schon bei den Cream... kam relativ gut an, doch dann Konzertabbruch. John ging von der Bühne. Der Speaker erzählte uns, jemand habe sein goldenes Feuerzeug ab der Bühne gestohlen, unglaublich, sich das heute vorzustellen. Doch war es tatsächlich so, denn die Bühne war leicht zu „erklimmen“... Animals waren geil. Dann kam der kürzeste Act: Move. Sänger kommt rein fummelt seine Axt Show ab... und dann ward es dunkel und kein Sound mehr. Hatte irgendwie ein Stromkabel durchgehackt... wir hörten nur noch den Schlagzeuger rumpeln, doch der spielte auch nicht lange... und weg waren „The Move“. Dann kam er „unser Idol“...“ Jimi, Hey Joe, Foxy Lady, Purple Haze... wir flippten vor Freude, versuchten auf Distanz seine Fingergriffe zu erahnen.... spielte er nun wirklich mit den Zähnen? Auch wenn Jimi der lauteste war, sackte der Sound im Hallenstadion ab...Dann die Schande des Schweizer „Bauern Publikum“ (ich war so wütend auf die Zuschauer, die helle Freude daran fanden, Jimi mit Bierdeckeln während des singens zu bewerfen. „Stop shooting this fuckin‘ things around...“ schrie er. Dann verliessen unsere 3 Heroes die Bühne.

Ca 23:00h Ende, alles vorbei... doch der erste Zug nach Glarus fuhr erst um 05:30h. Also ging es nun ab sofort darum, sich die Nacht um die Ohren zu schlagen und der aufgestauten Energie vom Konzerterlebnis freien Lauf/Luft zu lassen. In dieser Nacht, erfuhr ich zum ersten Mal, dass ein Schlag mit einem Gummiknüppel von einem Polizisten auf den Kopf erhalten... ziemlich heftig schmerzt... wenn wir beim Stühle zusammenschlagen erwischt wurden.
Auch wenn es 50 Jahre her ist... beim Schreiben tauchten alle Bilder aus meinem Herzen auf. Darum: „Ich war dabei... an meinem Lebensereignis-Monsterkonzert 68“
Danke, Marcel, dass du mich animiert hast, dies wieder in mir aufleben zu lassen.

Salvo im Mai 2018

Foto: Salvo 1968

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