Ich war dabei: Pauli Meyer

“and the wind cries, Jimi” once upon a time in Seattle 27.11.1942
“and the wind cries, Päuli” es war einmal in Schaffhausen 27.11.1948, what a date !!

Nach bewegter, ziemlich verschissener Jugend in sehr armen Verhältnissen, landete ich schliesslich in einem Institut für schwererziehbare Jungs. Jeden Montagabend hörte ich das Wunschkonzert auf Radio Beromünster und wartete jeweils gespannt auf Lieder von Peter Kraus, Elvis, Ted Herold und Ricky Nelson. So begann es, das Feuer für die leichte Muse, oder wie mein Vater zu sagen pflegte: den Negermusig Lärm! Mit dem Aufkommen des Beat, Slop, Rock usw., wurden seine Ausdrücke immer fieser, und darum nicht mehr erwähnenswert. Es gab ihm aber mächtig Risse im Hirngebälk, als der Sohn des ehrenwerten Modelleisenbahnfreaks und Telephonsammlers Sir Paul Meyer Senior anfing dem “Dreck” der Stones, dem Beat der Rattles und dem verrufenen Sound der Pretty Things zu fröhnen. Dies war für den Herrn besetzteren Alters zuviel der Spässe, und unser Kontakt wurde aufs minimum reduziert. Erst recht, als ich auf einem schlingernden Pfade schlussendlich in dieser gewissen “Institution”, Erziehungsheim genannt, landete. Anyway. In dieser nicht gerade einfachen Zeit meines Aufwachsens, und: musiziere mal in den 60ern in einem Heim???
Die Pfähle (Erwachsenen, Leiter) waren stets gegen den dreckigen Lärm und das mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln. Man(n) zog uns die Stecker raus, zerschnitt die Saiten der Gitarren, sabotierte die Amps und verwies uns in die tiefste Stelle des Kellers um zu proben. Kein Wunder nannten wir uns “The Prisoners”. Anbetracht dessen, was für einen “Windenvogel” 1 Satz Saiten anno dazumal kostete (man konnte sich solches nur im Urlaub, wenn man welchen hatte, erstehen, auch Drumsticks usw.) war es immer eine Kühnheit, brachte man diese wertvollen Sachen wieder ins Heim rein.
Ich befasste mich damals mit den Drums, hatte aber keines. Doch beim Räumen der Theaterkammer kam ein zerdeppertes Giannini zum Vorschein, das ich mir mit brachialer Gewalt einvernahm. Ich hatte 1 Bassdrum, 1 Snare, 1 Standdrum, 2 Hi Hat Becken und 1 Hängetom. So begab ich mich in der Freizeit in die Schlosserei (wo ich bei 20.- Franken Monatslohn die Lehre absolvierte und bestand!), um die Ständer, Becken, und die Halterungen für das Tom herzustellen. Ich schmiedete das Gestell des Hi Hat Stands und setzte es mit den noch vorhandenen Teilen zusammen, es funktionierte tatsächlich. Und: Wer hatte schon einen Hi Hat Stand mit geschmiedeten Beinen? (sah sauglatt aus, ist aber leider nicht mehr auffindbar).” Auch 2 Messingbecken schmiedete/trieb ich aus 3mm Blechen raus. Welche Mühe für eine Band, die nicht den Hauch einer Chance hatte rauszukommen. Die Becken schepperten zwar, aber sie tönten, und das war alles. Es passte, und dies war sehr sehr wichtig. Wir konnten proben. Soviel zu meiner Zeit als Drummer im Heim.
Klar hörten wir wie immer Who, Cream, Blue Cheer usw.
Und dann kam ER! Hey Joe, Fire, The Wind Cries Mary – WOW!
Ich hatte mich im Urlaub (lääck, i hans au emal gschafft) verliebt in ein herziges Girl, Evelyne B. Leider hielt dies nicht lange, kein Wunder, musste ja immer wieder zurück, und wann ich das nächste mal rauskonnte, stand in den Sternen. Da blieb mir nichts anderes übrig, als auf der Fensterbank Jimi’s Wind Cries Mary zu hören. Stimmung meistens down. Doch noch heute als 60 jähriger, liebe und singe ich diese Lied noch immer. Welch ein feeling, welche Emotionen in meiner damaligen Lage.
Und dann via Pop angesagt, das Monsterkonzert im Zürcher Hallenstadion. Mann, was für ein Ding. Wie! Aber wie bloss schaffe ich die Tickets her? Ok, erst mal die mir zugeneigte Mutter betören, ho! Es gelang mir, für beide Abende von ihr das Geld zu ergattern, hatten wir ja sonst wenig miteinander zu tun. Sie war krank und ich “versteckt”. Ich schmuggelte das Geld im Schuhabsatz durch die Eingangskontrolle. Beim nächsten Urlaub (mein Gott! War ich brav in dieser Zeit!)wurden die Tickets bestellt und bezahlt. Als ich sie per Post ins Heim bekam, zeigte ich sie der Heimleitung und bekam das Ok gehen zu dürfen – beide Abende. Aber, ich musste mich in Schale und Kravatte abmelden. Gesagt, getan, doch: Unter der Parkbank hatte ich eine Tasche vergraben und bedeckt mit Ästen und Grasziegeln. Just weg vom Eingang, rechts zur Bank und umziehen war angesagt. Blue-Jeans (damals verboten !!!), gelbes Manchesterhemd, flache Beatschuhe, und Kreuzmeissel an grossr Kette. Alles angezogen gings dann aufs Postauto Richtung Zürich. Und dann vor dem Stadion, WOW! Soviele Gleichgesinnte. Lange Schlange, Nervosität, Gerede das die Cream nicht kommen, schade schade, das wäre ja absolut das Grösste. Koobas, Traffic, John Mayall, New Animals (Eric Burdon), Move, und: Endlich Jimi

Hendrix! Das Grösste? Nein, das Absolute!
Ich kann nicht mehr sagen in welcher Reihenfolge die Songs kamen, doch Hey Joe, Fire und Foxy Lady waren sicher dabei. Ich habe eigentlich gedacht dass The Wind Cries Mary auch dabei war, aber da ich es in der Setliste der beiden Abende nicht finde, muss ich mich wohl getäuscht haben. Mein Gott! Das waren Emotionen pur, als er fragte ob man auch den Drummer sehen kann?! Volk: Noo, und der Drummer wurde etwas vorgeschoben. Nochmals Frage: Can you see him? Volk: Yeah! Und ab ging die Post. Meine Güte, ich stand da wie angenagelt mit offener “Schnurre” und hörte/staunte nur noch. Emotionen pur. Hühnerhaut, “tami hüt no!” Auch am zweiten Abend. Nie nie werde ich das vergessen, und das das Mobiliar abermals litt, wie bei den Stones ein Jahr zuvor, war gewiss nicht meine Schuld. Da ich nicht angetan war davon, mich von einem der ca. 200-300 Wachmänner hauen zu lassen, ich wehrte mich wenn nötig (Kreuzmeisselkette verschafft Respekt), ging ich also von dannen. Zurück im Heim, umziehen, Kontrolle, und ab auf die Abteilung Handwerker. Etwa eine Woche später wurde ich im Büro des Leiters ausgefragt über diesen Wahnsinnsevent. Ich erzählte wie es für mich war, wurde aber nicht verstanden und mit der Bemerkung entlassen: Höre Paul, hätten wir gewusst wie das rauskommt, wir hätten dich nie und nimmer gehen lassen!” Neeeeiiin! Sie haben und werden mich nie verstehen, doch in meinem Herzen tat es so weh und wohl. Danke Jimi!

Pauli im November 2008

Foto: "Big Daddy" Pauli Meyer, now and then…

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